
Die Sustainable Finance Taxonomy der EU ist ein entscheidender Schritt, um Kapitalflüsse zu klassifizieren und gezielt in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken. Sie sorgt für mehr Transparenz im Finanzwesen und stellt sicher, dass Investitionen tatsächlich zur Erreichung der europäischen Klima- und Umweltziele beitragen. Gleichzeitig dient sie als Instrument zur Umsetzung des europäischen Green Deals. So sollen Ressourcen dorthin fließen, wo sie am dringendsten gebraucht werden – in Wirtschaftsaktivitäten, die die Klima- und Energieziele der EU für 2030 unterstützen und langfristig eine emissionsneutrale Wirtschaft bis 2050 ermöglichen.
Die Taxonomieverordnung trat im Juli 2020 in Kraft und gilt sowohl für Finanz- als auch für Nichtfinanzunternehmen. Damit stellt sie sicher, dass nachhaltige Finanzströme nicht isoliert betrachtet, sondern eng mit der gesamten Wirtschaft verknüpft werden.
Die Taxonomie ist ein standardisiertes Klassifizierungssystem für wirtschaftliche Aktivitäten, das anhand wissenschaftlich fundierter Kriterien definiert, welche Tätigkeiten als nachhaltig gelten. Sie legt gemeinsame Umwelt- und Sozialziele für die EU fest und schafft eine einheitliche Grundlage für Unternehmen, Investoren und politische Entscheidungsträger, um gezielt nachhaltige Investitionen zu fördern und Transparenz im Markt zu gewährleisten.
Doch was bedeutet das konkret? Wann gilt ein Fonds tatsächlich als nachhaltig? Die Taxonomie orientiert sich hierfür an den sechs von der EU definierten Umweltzielen. Eine Unternehmung oder Fonds darf sich nur dann als nachhaltig bezeichnen, wenn mindestens eines dieser Ziele gefördert – und gleichzeitig keines der anderen erheblich beeinträchtigt wird.
Die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie
Klimaschutz – Aktivitäten, die den Ausstoß von Treibhausgasen signifikant reduzieren oder zur Klimaneutralität beitragen.
Anpassung an den Klimawandel – Maßnahmen zur Reduktion der Risiken durch den Klimawandel und zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft.
Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen – Schonende Nutzung von Wasser, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz aquatischer Ökosysteme.
Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft – Ressourcenschonende Produktion, Recycling, Abfallvermeidung und Kreislaufsysteme.
Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung – Maßnahmen zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden sowie zur Minimierung von schädlichen Substanzen.
Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme – Maßnahmen zum Erhalt und zur Regeneration von natürlichen Lebensräumen und Artenvielfalt.
Die zentralen Bedingungen: Sustainable Finance Contribution & Do No Significant Harm
Ob eine wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich nachhaltig ist, wird anhand klarer technischer Bewertungskriterien bestimmt. Zwei zentrale Prinzipien sind hierbei die “Substantial Contribution (SC)” – also der erhebliche Beitrag zu mindestens einem der Umweltziele – und das “Do No Significant Harm (DNSH)”-Prinzip. Letzteres stellt sicher, dass durch die geförderte Aktivität keine erheblichen Schäden in anderen Umweltbereichen entstehen. Diese Regel ist essentiell, um Greenwashing zu vermeiden. Beispielsweise könnte ein Fonds, der in erneuerbare Energien investiert, dennoch als nicht nachhaltig gelten, wenn die Projekte bspw. zur Abholzung von Wäldern führen.
Die technischen Bewertungskriterien für SC- und DNSH-Anforderungen werden in Delegierten Rechtsakten (Delegated Acts) der Europäischen Kommission festgelegt. Diese enthalten eine detaillierte Liste taxonomiefähiger Aktivitäten, also wirtschaftlicher Tätigkeiten, die potenziell zur Erreichung der Umweltziele beitragen können. Neben erneuerbaren Energien können darunter beispielsweise auch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden fallen. Für jede dieser Aktivitäten gibt es präzise technische Anforderungen, die sie erfüllen müssen, um als nachhaltig eingestuft zu werden. Zusätzlich müssen Unternehmen grundlegende Menschen- und Arbeitsrechte wahren, die als “Minimum Safeguards” von der EU festgelegt sind.
Damit nicht jede wirtschaftliche Tätigkeit automatisch als „grün“ eingestuft wird, basiert die Taxonomie auf einem differenzierten Klassifizierungssystem. Ein Beispiel hierfür ist das Umweltziel Klimaschutz. Eine Aktivität kann in drei Kategorien fallen:
Tiefgrüne Aktivitäten, die von Natur aus sehr geringe oder keine Treibhausgasemissionen verursachen.
Übergangsaktivitäten, bei denen noch keine emissionsarme Alternative existiert, aber Bemühungen zur Klimaneutralität ersichtlich sind.
Ermöglichende Aktivitäten, die anderen Branchen helfen, nachhaltiger zu wirtschaften, wie bspw. die Herstellung von Windkraftanlagen für erneuerbare Stromerzeugung.
Besonders wichtig ist dabei, dass Übergangs- und ermöglichende Aktivitäten keine langfristige Abhängigkeit von emissionsintensiven Tätigkeiten schaffen und stattdessen zu einer möglichst schnellen Umstellung auf klimafreundliche Lösungen beitragen sollen. So wird bspw. für die Übergangsaktivitäten der “Best-in-Class-Ansatz” verfolgt, nach dem eine Aktivität erst dann als substanzieller Beitrag zur Klimaneutralität klassifiziert wird, wenn sie in ihrem Sektor die geringsten Emissionswerte aufweist. Aber auch grundsätzlich wurden in Abstimmung mit Industrievertretern technische Schwellenwerte festgelegt, die Unternehmen einhalten müssen, um als taxonomiekonform zu gelten. Um die genauere praktische Anwendung der Taxonomie zu erleichtern, stellt die EU mit dem “Taxonomy-Navigator” ein Online-Tool bereit, welches Unternehmen hilft, ihre Aktivitäten mit den definierten Nachhaltigkeitskriterien abzugleichen und die branchenspezifische Anforderungen zu identifizieren.
SFDR, CSRD und die Bedeutung für Unternehmen und Investoren
Die Sustainable Finance Taxonomy schafft für Fonds eine klare Richtlinie: Wer sich als nachhaltig bezeichnen will, muss strenge Kriterien erfüllen. Dies wirkt sich unmittelbar auf das Produktdesign und die Unternehmensstrategie aus. Geschäftsführer und Asset-Manager müssen präzise darlegen, wie und warum ein Investment nachhaltig ist, und sicherstellen, dass es den technischen Bewertungskriterien der Taxonomie entspricht. Dies betrifft nicht nur die Auswahl der Investitionen, sondern auch die langfristige Strategie, da Unternehmen, die als nachhaltig gelten möchten, Kapital gezielt in wirtschaftliche Aktivitäten lenken müssen, die nachweislich zu den Umweltzielen der EU beitragen.
Eng mit der Taxonomie verknüpft sind die Offenlegungspflichten nach der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Diese Verordnung verpflichtet Finanzmarktteilnehmer dazu, detaillierte Informationen über die Nachhaltigkeitswirkungen ihrer Produkte bereitzustellen. Besonders für Artikel-8- und Artikel-9-Fonds – also solche, die Nachhaltigkeitsmerkmale bewerben oder ein explizit nachhaltiges Anlageziel verfolgen – ist die Taxonomie von zentraler Bedeutung. Sie bestimmt, welche Investitionen überhaupt als taxonomiekonform gelten, und zwingt Fondsanbieter dazu, transparent offenzulegen, in welchem Umfang ihre Portfolios tatsächlich mit den Umweltzielen der EU übereinstimmen.
Auch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) spielt in diesem Kontext eine entscheidende Rolle. Während SFDR Transparenzanforderungen für Finanzmarktakteure regelt, betrifft CSRD vor allem Unternehmen der Realwirtschaft. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) wird dabei nach wie vor schrittweise ausgeweitet: Seit 2024 müssen bereits große, berichtspflichtige Unternehmen detaillierte Nachhaltigkeitsinformationen nach den neuen EU-Standards veröffentlichen. Seit 2025 folgten weitere große Unternehmen, unabhängig von einer Börsennotierung, und ab 2026 auch börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Bis 2028 werden schließlich auch bestimmte Tochterunternehmen und Niederlassungen aus Drittstaaten erfasst. Durch die umfassende Berichterstattung wird sichergestellt, dass die Tätigkeiten mit der Taxonomie im Einklang stehen und die Klassifizierung konformer Aktivitäten vereinfacht wird. Gleichzeitig erhöht CSRD den Druck auf Unternehmen, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen, wodurch sie wiederum von einer verbesserten Datengrundlage profitieren.
Fazit: EU-Taxonomie und ihre Auswirkungen auf Unternehmen und Fonds
Die EU-Taxonomie stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft dar, indem sie klare und überprüfbare Kriterien für nachhaltige Investitionen definiert. Fonds und Unternehmen müssen sich an diesen Standards orientieren, um sicherzustellen, dass ihre Investitionen tatsächlich zur Erreichung der Klima- und Umweltziele der EU beitragen. Für Fonds bedeutet dies, dass sie ihre Anlagestrategien und Produkte transparent auf diese Kriterien ausrichten müssen, wodurch klare und nachvollziehbare Kommunikation von Nachhaltigkeitszielen sichergestellt wird.
Die Taxonomie betrifft jedoch nicht nur den Finanzsektor. Auch Unternehmen in verschiedenen Branchen sind verpflichtet, ihre Aktivitäten hinsichtlich der Taxonomiekonformität zu prüfen, um als nachhaltig zu gelten. Dies verlangt eine genaue Berichterstattung und Nachweisführung darüber, wie ihre Tätigkeiten mit den definierten Umweltzielen übereinstimmen. Ein relevanter Aspekt in diesem Kontext ist die Digitalisierung. Unternehmen können durch digitale Lösungen nicht nur ihre Prozesse effizienter gestalten und Emissionen reduzieren, sondern auch eine verlässliche Datenbasis schaffen, die es ermöglicht, ihre Aktivitäten nachzuvollziehen und transparent zu machen.
Insgesamt zeigt sich, dass die EU-Taxonomie nicht nur eine regulatorische Herausforderung darstellt, sondern auch eine Gelegenheit für Unternehmen und Fonds bietet, sich langfristig auf den Wandel zu einer nachhaltigeren Wirtschaft vorzubereiten und davon zu profitieren.
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